Wollen Sie auch, dass Prominente sich für Sie mit Eiswasser überschütten? Wollen Sie 50.000 Dollar gespendet bekommen, wenn Sie einen Kartoffelsalat machen? Wollen Sie, dass Millionen Menschen auf der ganzen Welt Ihren blöden Tanz nachmachen? Dann werden Sie viral!
Es ist ganz einfach: Sie müssen bloß etwas auf die Beine stellen, das den Leuten so gut gefällt, dass sie allen ihren Freunden davon erzählen. Und die dann wiederum ihren Freunden und immer so weiter. Wecken Sie unberechtigte Neugier, polarisieren Sie mit oberflächlichen Thesen, oder machen Sie einfach eine Parodie auf etwas, das schon jeder kennt. Am besten was mit Humor und Emotionen. Hauptsache, die Leute klicken es an und teilen es! Aufmerksamkeit ist die neue Währung, und mit all der gestohlenen Lebenszeit können Sie sich dann ein schönes Leben machen.
Klar, virale Videos können Spaß machen und sogar einen guten Zweck erfüllen. Aber in den letzten Jahren ist „viral“ zur Lieblingsvokabel von Social-Media-Beratern und sonstigen PR-Fuzzis geworden („Chef, wir müssen viral werden!“), und das hat Spuren im Internet hinterlassen. Alle wollen ein Stück vom Kuchen und gieren nach der Aufmerksamkeit der unbescholtenen Bildschirmstarrer.
Dadurch sind viele virale Phänomene inzwischen oft nur zu einer Sache gut: Man erkennt, welche seiner Facebook-Freunde Idioten sind. Denn wer Sachen weiterverbreitet, die sowieso schon jeder gesehen hat, beweist damit nicht gerade, mit der ihm oder ihr geschenkten Lebenszeit verantwortungsvoll umzugehen.
Unterstützen Sie deshalb lieber ein rein analoges virales Phänomen: Drucken Sie diesen Text aus, gehen Sie in einen Kopierladen, machen Sie hunderte Kopien und verteilen Sie sie an alle Menschen, die Sie so kennen! Was dann passiert, wird Ihr Leben für immer verändern.