„Früher war alles besser“ gehört eigentlich nicht zu den Phrasen, die man von trendbewussten Internetnutzern erwartet. Doch der Charme von Dingen, die irgendwie retro sind, macht auch vor der Onlinewelt nicht Halt. Am deutlichsten sieht man das an der Smartphone-App Instagram.
Instagram verbindet in seiner Einfachheit auf elegante Weise gestern und heute: Erstens kann man damit verschiedene Retro-Filter über seine Handyfotos legen, sodass auch einem völlig untalentierten Fotografen einigermaßen ästhetische und kunstvolle Schnappschüsse gelingen. Und zweitens kann man diese Bilder in Sekundenschnelle über soziale Netzwerke mit seinen Bekannten teilen. Bis vor einigen Monaten ging das nur mit dem iPhone von Apple, doch inzwischen kann auch der ganze restliche Smartphone-Pöbel munter damit drauflosknipsen. Etwa 300 Millionen Leute haben sich die App inzwischen besorgt.
Für den Coolnessfaktor von Instagram sorgt das heimelige Gefühl der Analogfotografie: Die spontan gemachten Fotos scheinen die Zeit zu überdauern oder sie gleich ganz zu überwinden. Schließlich kann man bei manchen mit Instagram bearbeiteten Fotos beim bloßen Hinsehen nicht erkennen, ob sie 1967 oder 2013 aufgenommen wurden. Der kostenlose Dienst rettet die Ästhetik verblassender Polaroidbilder in die Gegenwart und zeigt damit, dass Nostalgie oft am besten funktioniert, wenn man die betreffende sehnsuchtsweckende Zeit gar nicht miterlebt hat.
Das ist zwar ohne Frage eine gute und erfolgreiche Idee, aber wie man damit Geld verdienen kann, weiß bisher niemand so recht. Trotzdem wurde Instagram im April 2012 für den sagenhaften Preis von einer Milliarde Dollar von Facebook gekauft. Zu dem Zeitpunkt hatte die Firma gerade mal zwölf Angestellte. Das optische Vorbild – der einst mächtige Analogkamerahersteller Kodak – hat derweil Insolvenz angemeldet. So ändern sich die Zeiten, während die jungen Leute gerade das besonders schön finden, was für ihre Eltern schlichtweg normal war.